MOZ 24.11.2009

Auf das tägliche Leben anwendbar: Karate-Schüler lernen, sich selbst zu beherrschen. Bei Blau-Weiß trainieren derzeit Frankfurter im Alter von 6 bis weit über 60 Jahre.

Von Hubertus Rößler

In der Region gibt es viele Vereine, in denen sich Bürger ehrenamtlich engagieren. Die MOZ stellt in ihrer Serie einige davon vor. Heute: die Karate-Abteilung des SV Blau-Weiß Frankfurt.

"Im Karate gibt es keinen Angriff", zitiert Frank Herrmann ein chinesisches Sprichwort. Der 46-Jährige ist Vorsitzender des SV Blau-Weiß, der neben einigen Allgemein-Sport-Gruppen für Senioren aus der Karate-Abteilung besteht. "Wer zum Karate kommt, um Kampf-Tritte zu erlernen, hat völlig falsche Vorstellungen", meint er.

Angefangen hatte alles beim Vorgängerverein WGK Frankfurt. "Da Karate in der DDR verboten war, trainierten wir offiziell bei den Judoka mit", erinnert sich Herrmann. Man sei damals sehr unbedarft an Karate herangegangen und habe sich sein Wissen aus Büchern und Filmen angeeignet. "Wir dachten, je härter, desto besser", erzählt er.

Doch Karate sei eine Kunst und könne auf viele Lebenslagen angewendet werden. "Es schult die Sinne für mich und meine Mitmenschen. Nur wer sich selbst beherrscht, kann sein Gegenüber einschätzen", sagt Herrmann. Besonders für Kinder und Jugendliche könne Karate eine gute Lebensschule sein. "Es fördert die Konzentration aufs Wesentliche. Zudem werden Werte wie Höflichkeit, Disziplin und Respekt vor den Mitmenschen gelehrt", berichtet er. Daher sei Karate nicht für die körperliche, sondern auch für die geistige Entwicklung sehr förderlich.

"Wir erwarten von den Eltern unserer Schüler auch, dass sie ihr Kind nicht nur bei uns abgeben, sondern genau schauen, was diese bei uns machen", sagt Herrmann. Wettkämpfe stehen für die vier Trainer von Blau-Weiß hingegen nicht im Vordergrund. "Wir wollen nicht öffentlichkeitswirksam Meisterschaften gewinnen, sondern die Kinder in gewisser Weise erziehen. Die Erfolge kommen dann von ganz allein", beschreibt Herrmann die Philosophie des Vereins.

Einige vielversprechende Talente gebe es durchaus in den Reihen der Nachwuchssportler, verrät der gebürtige Frankfurter. "Vom sportlichen Können, aber auch von der Auffassungsgabe her könnten einige durchaus eines Tages international auf sich aufmerksam machen", prophezeit er. Daher bedauert er um so mehr, dass 2007 die Sporthalle des Friedrich-Gymnasiums gesperrt wurde und seitdem weniger trainiert werden konnte.

Frank Herrmann hat in seiner Karriere sieben Weltmeisterschaftsmedaillen gewonnen, trainiert mittlerweile aber nur noch selten. Ihm sei das Training mit den Schülern wichtiger, sagt der Träger des Schwarzen Gürtels (4. Dan). Leider lasse sein Beruf im Moment nicht mehr zu, sagt der Leiter des Tiefbauamtes Frankfurt.

Auch die Willensbereitschaft, sich ständig verbessern zu wollen, werde beim Karate geschult. All diese Attribute sind natürlich nicht nur für Heranwachsende wichtig. Bei Blau-Weiß sind die Karateka im Alter zwischen sechs und über weit 60 Jahren.

DREI FRAGEN AN Frank Herrmann Vorsitzender SV Blau-Weiß

Herr Herrmann, warum sollte ich mein Kind zum Karate schicken?

Die Einzigartigkeit des Sports besteht darin, dass bei entsprechend qualifizierten Trainern wichtige Werte an die Schüler vermittelt werden können. Diese sportlichen und emotionalen Fähigkeiten können auch im Alltagsleben angewendet werden.

Kann man sich bei Ihnen im Karate ausprobieren und was kostet dieser Sport?

Interessierte nehmen am besten über die Homepage oder telefonisch Kontakt mit uns auf. Man kann auch gerne einfach bei uns vorbeikommen und sich die Faszination des Karates anschauen. Anschließend kann man bis zu vier Probetrainings absolvieren. Für Kinder liegt der Jahresbeitrag bei 100 Euro.

Welche Veranstaltungen sind bei Blau-Weiß als nächstes geplant?

Im Januar wollen wir ein großes Vereinsturnier starten. Ansonsten sind wir zurzeit nicht bei Wettkämpfen vertreten, da wir aufgrund der schlechten Sporthallensituation nur reduziert trainieren können. Um national und international leistungsfähig zu sein, müsste man viermal in der Woche trainieren.